Kanadisches Berufkraut

Auf #Krautschau gegen Pflanzenblindheit: Urbane Vielfalt zum Niederknien

Mit Kreidegraffitis Aufmerksamkeit für städtische Flora schaffen


An das letzte Tier, das sie gesehen haben, erinnern sich die meisten Menschen. Aber wie ist das bei der letzten Pflanze? Viele nehmen Pflanzen, wenn überhaupt, nur als grünen Hintergrund oder Straßenbegleitgrün wahr. Die Stadtbotanik-Aktion #Krautschau soll mehr Bewusstsein für die Präsenz von Wildpflanzen im urbanen Raum und für die Bedeutung von Natur in den Städten schaffen.

In den Städten brauchen wir Pflanzen besonders dringend zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels und sollten gerade hier die vorhandene Flora kennen und schätzen. Und zwar nicht nur die Bäume und Parks. Denn wer hinschaut, findet sogar in unseren von Beton und Asphalt geprägten Innenstädten überall Pflanzen: Winziges, zähes Grün wächst fast überall, zwischen Pflastersteinen, in Rinnsteinfugen und Mauerritzen. Und eben nicht nur Grün, sondern eine Vielzahl von Kräutern, Gräsern und Moosen. In Deutschland haben sich ca. 500 Arten an diese extremen Bedingungen angepasst und stellen, in dem sie Tritt- und Fahrbelastung, Hitze, Bodenverdichtung und Verschmutzung trotzen, wertvolle Mikro-Ökosysteme für zahlreiche Insekten und andere Organismen dar.

Auch für uns Menschen haben sie einen nicht zu unterschätzenden Nutzen: Ein dichter Bewuchs in den Fugen des Kopfsteinpflasters erhöht dessen Festigkeit; grüne Fugen nehmen Oberflächenwasser auf, erhöhen die Versickerung und binden Staub. An heißen Sommertagen tragen sie zur Kühlung der gepflasterten Flächen bei (im zweistelligen Grad-Bereich). Zudem haben Wildpflanzen in der Stadt eine große Bedeutung für das städtische Ökosystem, indem sie anderen Organismen wie Wildbienen Schutz und Nahrung bieten. Außerdem sind sie, spätestens auf den zweiten Blick, auch schön, nicht nur durch ihre Blüten, sondern auch die Formenvielfalt ihrer Blätter. Und immer mehr Menschen schauen inzwischen genauer hin, dank der #Krautschau. Sie ist eine Grassroot-Bewegung von Botaniker:innen und Pflanzenfans und entstand als Reaktion auf das weit verbreite Phänomen der „Plant Blindness“ (Pflanzenblindheit). Dies bezeichnet die Unfähigkeit, die Pflanzen in der eigenen Umgebung detailliert wahrzunehmen. Die Aktion kam aus Frankreich über England nach Deutschland, und hier haben sich dafür in den sozialen Medien, vor allem auf Twitter und Instagram, die Hashtags #Krautschau und #MehrAlsUnkraut etabliert.

Dabei geht es darum, den pflanzlichen Kämpfernaturen mit etwas bunter Kreide vor Ort Aufmerksamkeit zu verschaffen, die Beschriftung zu fotografieren und im Netz zu teilen. Pflanzenbestimmungsapps wie FloraIncognita helfen auch Nichtbotaniker:innen bei der Bestimmung dieser Kleinstflora, bei deren Vielfalt man zwangsläufig in die Knie geht: bedingt durch ihren Wuchsort, aber auch vor Bewunderung für diese omnipräsenten Überlebenskünstlerinnen.

Wer sich mit eignen Aktionen beteiligen möchte, kann sich sehr gerne bei uns melden. Eine Übersicht von Aktionen rund um die Krautschau gibt es hier

Auf Krautschau gegen Pflanzenblindheit

Kontakt:

Dr. Julia Krohmer
Stellv. Leiterin Stab Wissenschaftskoordination, Frankfurt/M.